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Hat Selbständigkeit (noch) Zukunft?

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Vor kurzem feierte der unternehmerische Querdenker und Kreativkünstler („Wieser ART“) Ernst Wieser das 25jährige Firmenjubiläum. Das Gailtal Journal bat den umtriebigen Unternehmer, der in Lassendorf einen Vorzeigebetrieb führt, zum Interview.
Gailtal Journal: 25 Jahre Malerei Wieser, zufrieden mit dem Erreichten?
Wieser: „Ich bin mit der Entwicklung meines Betriebes an sich schon zufrieden.  Aber restlos zufrieden wird man nie sein, denn man strebt weiter, hat Ziele und Visionen, und das bis ans Lebensende. Allerdings möchte ich mich künftig mehr in Richtung Kunst- oder Artszene bewegen und diesen Zweig ausbauen“.

Sie wohnen in Hermagor, der Betrieb ist im Gitschtal, warum?
Ich habe mich für den Standort Gitschtal entschieden, weil damals in Hermagor keine leistbare und gewidmete Grundfläche zu bekommen war. Das Büro habe ich aber nach wie vor in Obermöschach.

Unternehmer sein in einer Randregion: Schwierig,  interessant?
Nur auf Herkömmliches zu setzen, ist problematisch. Es gilt neue Nischen und Geschäftsfelder zu suchen, über die Grenzen zu schauen und sich starke Netzwerke aufzubauen. Neue Medien sind da sehr hilfreich.

Schätzt die Gesellschaft Unternehmer?
Ich glaube nicht. Sehr viele Zeitgenossen haben keine Ahnung vom Unternehmertum, von der Verantwortung gegenüber den Mitarbeitern, Kunden und Partnern. Sie wissen nicht von den horrenden Nebenkosten, die der Staat den Unternehmern aufbürdet. Und wenn man sie schon bewältigt, wird man am Ende quasi zu Tode kontrolliert.

Sehen Gewerkschaft, Arbeiterkammer oder Arbeitsinspektorat im Unternehmer ein Feindbild?
Kontrollinstanzen bilden im Prinzip kein Feindbild. Nur wenn auf Punkt und Beistrich des jeweiligen Gesetzes und ohne jegliches Fingerspitzengefühl kontrolliert wird, werden sie zum Feindbild.

Sie geben 25 Mitarbeitern eine wirtschaftliche Existenz, fühlen Sie Dankbarkeit?
Ja, schon. Wir sind im Betrieb eine große Familie, in der Egoismus hintangestellt ist und das gemeinsame Bestreben, die Firma zu erhalten und weiterzuentwickeln, im Vordergrund steht. Jeder ist gefordert, seinen Teil dazu beizutragen. Ich fühle Zufriedenheit, weil gemeinsam gearbeitet und gemeinsam Ziele verfolgt werden.

Inwieweit wird in Ihrem Betrieb Weiterbildung praktiziert, Sie haben ja eine Weltmeisterin auf der Lohnliste?
Kurse und Schulungen sind wichtig, können aber nicht alles abdecken. Ohne Learning by Doing ist eine Weiterentwicklung, die erst das Vordringen in neue Nischen ermöglicht, nicht vorstellbar. Da ist Eigeninitiative besonders gefragt.

War für Sie der Weg in die Selbstständigkeit die richtige Entscheidung?
Selbständig werden ist eine schwierige Entscheidung. Ich bin heute zufrieden, war es aber nicht immer. Ich denke, dass Selbständigkeit in der derzeitigen Situation, eben die gewaltigen Anforderungen gepaart mit dem Stressfaktor, nicht allen zu empfehlen ist. Wer nicht besondere Visionen hat, sollte die Finger davon lassen.

Was läuft falsch in der Wirtschaft im Umgang mit Unternehmern?
Es gibt einfach zu viele Hürden, zu viele Vorgaben, zu viele Vorschriften. Vieles müsste in der Wirtschaft einfacher gemacht werden. Unternehmer sollen unternehmen und nicht ihre Zeit mit ständig neuen Vorschriften, Protokollen, Meldungen oder Statistiken vergeuden.

Was würden Sie sofort ändern?
Es ist klar, dass eingefrorene Situationen nicht zu leicht zu ändern sind. Langfristig ist es aber unabdingbar, Bürokratie abzubauen, Ausbildung zu erleichtern, Nebenkosten und Abgaben zu senken und diese auch einer vernünftigen Verwendung zuzuführen.

Ihre Botschaft an junge Menschen, die sich den Weg in die Selbstständigkeit überlegen?
Wer diesen Weg gehen will, muss unbedingt eine Vision, ein Ziel haben. Was will man damit erreichen, welche Absichten, Wünsche oder Träume sind damit verbunden? Bildet hingegen nur das vermeintlich rasche „viel Geld verdienen“ die Triebfeder, sollte man die Finger davon lassen. Denn das geht garantiert daneben.

Viele Handwerksbetriebe klagen über fehlenden Nachwuchs.
Meine berufliche Imagewerbung hat Erfolg. Bisher wurden  in unserem Betrieb 45 Lehrlinge ausgebildet, darunter einige in der Kombination Lehre mit Matura. Jeder Unternehmer ist meiner Meinung nach für die Heranbildung junger Fachkräfte selbst verantwortlich. Es hilft niemandem, die Schuld für fehlende Facharbeiter woanders und nicht bei sich selbst zu suchen.

Kann Wirtschaft allein eine gute Zukunft schaffen?
Ich sehe nur in einem guten Miteinander zwischen Wirtschaft, Politik und Gesellschaft, in dem entscheidend mehr das Gemeinsame und nicht das Trennende in den Vordergrund gestellt wird, die beste Zukunftsformel für uns als Randregion. Gewissermaßen eine Kooperation der positiven Kräfte. Sie könnte enorm viel bewirken, für neuen Schwung sorgen und allen Generationen nützen.

Ernst Wieser feirte vor kurzem das 25-jährige Firmenjubiläum


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