Die Perversion der Gesetze und ihre Folgen für uns – eine Allergenekennzeichnung für den Schinken-Käse-Toast, eine elektronische Registrierkasse mit Bondrucker für eine Almwirtschaft auf 2.500 Meter Seehöhe oder die Barrierefreiheit für die Apres-Skihütte am Nassfeld direkt an der Piste.
Alle Gesetze und Vorschriften mögen ihren Sinn und ihre Berechtigung haben, aber langsam sollten wir erkennen, dass „Wirt-Sein“ wahrlich kein Zuckerschlecken mehr ist. Es dürfte aber nur der Anfang sein, von einer Spirale die sich weiter und weiter nach unten zu drehen scheint.
Gesetze gegen die „Kleinen“
Die Speisekarte wurde zum Beipackzettel, der Sparverein stand nach dem Bankengesetz unter Geldwäscheverdacht, der Großvater, der seinem Sohn beim Ausschenken mitgeholfen hat war ein „Schwarzarbeiter“ und der Wirtsraum wurde zum Kampfgebiet zwischen Zigarettenqualmer und Gesundheitsapostel ernannt. Selbst den kleinsten Kneipeninhaber rückt man auf die Pelle und zwingt ihn in die Knie: Schließlich soll er doch dem letzten zahlenden Gast, der zur Sperrstunde und nach vier großen Bieren das Lokal verlässt, beim Hinausgehen den Registrierkassenbon in die Hand drücken. Wenigstens kommt dieser Gast trotz Alkoholspiegel noch „barrierefrei“ aus dem Lokal hinaus, wo aber schon die nächste 0,5-Promille-Beschränkung auf den Heimkehrer wartet.
Geschröpft wird nicht nur der Wirt, sondern auch der Gast selbst und am Ende zahlen wir alle die „Zeche“ für eine Entwicklung die in eine bedenkliche Richtung geht.
Eiskalt abserviert
Die Beispiele sind mannigfaltig. Unlängst wurde der Hermagorer Wirt Manfred Umfahrer, der sich mit der Verpflegung in einem Altenheim ein zweites Standbein aufgebaut hat, wahrlich eiskalt abserviert. Umfahrer spendete den dortigen Bewohnern nicht nur warme und mitfühlende Worte, sondern lieferte auch mit Liebe zubereitete Speisen. Ein Unternehmer, der der älteren Generation täglich mit Würde und Herzlichkeit entgegen kam. Das alles war nichts wert, denn heute werden die dortigen Gäste mit Produkten, die gekühlt aus Klagenfurt herangekarrt und in Hermagor erhitzt werden, versorgt. Emotionslos abserviert und typisch dafür, wie man vom Ballungszentrum aus mit dem Kostenrechner „drüberfährt“.
Unsere Region wird sukzessive ausgehungert und man lässt uns langsam verdursten. In diesem System findet sich der kleine Arbeiter, Angestellte und Unternehmer leider am Ende der Nahrungskette.
Instant-Kaffee und Fast Food?
Für die neuen Gastronomen ist Startkapital rar geworden und der Kredit bei der Bank wird aufgrund des Basel-Reglements und interner Bankenrichtlinien zum Spießrutenlauf. Förderungen sind zwar da, aber selbst dort benötigt der „gewillte“ Neo-Wirt einen eigenen Förderspezialisten. Die „Großen“ tun sich da schon wesentlich leichter – der internationale Fastfood Konzern verdonnert die Jugend mit massiver Werbung zum „Schnellen Essen“, der Ölkonzern serviert morgens Instandkaffee im Pappbecher mit aufgebacktem Billig-Croissant und lädt abends zum Weinflaschenkaufen in die Tankstellen-Vinothek.
Zu guter letzt punktet der Lebensmittelriese noch mit der Bierkisten-Abverkaufsaktion am Samstag und lässt die Kunden in Scharen „Kisten-Schleppen“. Wenn dann diese Kiste Bier im Lebensmittelmarkt für den Wirt noch billiger ist, als der vereinbarte kalkulatorische Hektoliter-Preis bei seiner Brauerei, sollte dem Letzten von uns klar sein: Irgendetwas läuft hier falsch.
Unaufhaltsame Riesen
Politiker finden es wichtig wenn der Großkonzern sogar im kleinsten Dorf Einzug hält, denn dann ist von „neuen“ Arbeitsplätzen die Rede. Sollte aber ein Gastronom neu aufsperren, gibt ihm vielfach schon das gesellschaftliche Umfeld eine Überlebensdauer von nur wenigen Monaten – frei dem Motto „Der wird nicht lang offen haben!“. Die Verordnungen, Vorschriften und Gesetze die auf einen Gastronomen in den letzten Jahren zukamen, sind ein Sinnbild dessen, was sich auch in anderen Wirtschaftszweigen abgespielt hat. Der „Greissler“ im Ort ist schon lange zu, der Bäcker wich dem Billigteigling aus dem Osten und der gesellige Fleischermeister im Ort wurde durch den fiktiven Qualitätsfleischer aus dem TV ersetzt.
Sogar unser wichtigstes und höchstes Gut, das kostenlose Wasser trinken wir lieber aus der kilometerweit angereisten Plastikflasche, als aus der hauseigenen Wasserleitung. Die großen Riesen haben uns überrollt.
An der Nase nehmen
Betrachten wir unser Konsumverhalten und unsere Gewohnheiten doch kritischer. Hinterfragen wir die täglichen Botschaften und das, was man uns werblich aufs Auge drücken will. Denken wir an diejenigen, die in unserer Region die Wirtschaft und den Motor mit ihrem eigenen Fleiß und Einsatz am Laufen halten: Die kleinen Handwerksbetriebe, die Geschäftsinhaber, die Dienstleister, die bäuerlichen Betriebe, Lebensmittelerzeuger und -verarbeiter oder die Wirte im Ort.
Der Wegfall der Getränkesteuer vor etlichen Jahren hat die Gastronomie und Hotellerie nicht reicher gemacht, die EU-Förderungen haben unsere Bauern und Erzeuger nicht vergoldet und das Internet wurde für den kleinen Einzelhändler noch nicht zum „Tor zur Großen Welt“.
Wir sollten dagegen halten!
Unsere Region und unsere Menschen sind für ihre Handschlagqualitäten bekannt. Wir sind sehr wohl im Stande auch im Kleinen einen Beitrag zu leisten um unsere Region zu stärken, die Infrastruktur aufrecht zu erhalten und unserer Jugend eine Perspektive zu geben. Denken wir beim Geld-Ausgeben darüber nach, wo wir die Euros hintragen und ziehen wir gedanklich den Hut vor dem engagierten Wirt, dem familiären Handwerksbetrieb, der örtlichen Frisörin, dem bemühten Schmuckhändler oder den fleißigen Landwirten und Direktvermarktern in unserer Region. Diesen Menschen gebührt ein Danke für ihr Wirken!
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