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Phänomen Natureis

Der Kärntner Weissensee gilt in der kalten Jahreszeit als das Winterwunderland schlechthin. Der See verwandelt sich zur größten präparierten Natureisfläche Europas und kann jährlich mit rund 80 Eislauftagen punkten. Das verdankt man nicht nur der günstigen Wetterlage auf 930 Meter Seehöhe, sondern vor allem der Arbeit eines Mannes und seines Teams: Eismeister Norbert Jank.

Seit über 45 Jahren beschäftigt sich Norbert Jank mit dem Phänomen Natureis am Weissensee. Lehrreiche Jahre, in denen er sich ein Wissen von unschätzbarem Wert angesammelt hat. Am Weissensee hört im Winter alles auf sein Kommando: er gibt das Eis offiziell frei, sorgt dafür, dass die Eisbahnen der niederländischen Profi-Liga gerecht werden, bohrt bei ungünstiger Witterung hunderte Löcher ins Eis um Wasser abrinnen zu lassen, schneidet mit der Motorsäge kritische Stellen auf, versenkt Auftriebskörper unter dem Eis für Eventbühnen am See und hält den See von Weihnachten bis März befahrbar. Er macht den See im Winter zu dem, was er ist: ein Eislauferlebnis der Superlative.

Die Arbeit des Eismeisters

Norbert Jank beginnt mit seiner Arbeit als Eismeister bereits im November. „Ich beobachte, wie und wann der See zufriert und notiere alles ganz genau“, erklärt der 69-jährige. Bevor der erste Schneefall kommt, markiert er mit langen Fichtenzweigen seine Routen am Eis, um zu wissen, wo er welches Fahrzeug verwenden darf um beim Räumen der Bahnen nicht einzubrechen. Denn was gemeinhin den Reiz einer Winterlandschaft ausmacht, ist des Eismeisters erklärter Feind: Große Schneemengen.
Kehren, hobeln, sauber halten – so das tägliche Geschäft des Eismeisters. Unterstützt wird er dabei von seinen Söhnen Bernhard, Norbert jun. und Mitarbeiter Hubert Stampfer. So sorgen sie gemeinsam für eine 12,5 Kilometer lange und 15 Meter breite Natureislaufbahn, die weit über die Grenzen Österreichs hinaus berühmt ist. Ohne diese Bahnen könnte die „Alternative Holländische 11-Städte-Tour“ nicht stattfinden. Wen wundert es also, dass Norbert Jank in den Eislaufzentren der Niederlande quasi ein Volksheld ist?

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Norbert Jank untersucht das Eis

 

Ideenreiche Familie

Die Geräte für seine Arbeit kann Norbert Jank nirgends kaufen, er konstruiert sie gemeinsam mit seinen Söhnen Bernhard und Norbert. Das Erfindertum der drei Jank-Männer reicht dabei von einer eigens kreierten Schneepflug-Form über den sechs Meter breiten weltgrößten Kehrbesen bis hin zur kreuzschonenden Motorsägen-Halterung. Norbert Jank jun. ist Schlosser-Meister, Bernhard Jank hat Maschinenbau studiert und Norbert Jank sen. hat den notwendigen Erfahrungsschatz und eine ausgeprägte Vorliebe für höhere Mathematik. Eine Konstellation, die sich für den Weissensee rechnet.

James Bond am Eis

In den 1960er Jahren wollte Norbert Jank mit seinen Pferdeschlitten Gäste am Eis befördern, daher musste er über die Beschaffenheit stets Bescheid wissen. So wurde er zum Eis-Experten am Weissensee. 1987 erlangte seine Expertise erstmals Berühmtheit, als die James Bond Crew für Dreharbeiten von „Ein Hauch des Todes“ am Weissensee stationiert war. Man benötigte einen Experten um die Dreharbeiten am Eis sicher über die Bühne zu bringen. Durch den Film wurden auch die Niederländer, die auf der Suche nach einer Austragungsstätte für die „Alternative Holländische 11-Städte-Tour“ waren, auf den See aufmerksam. Seit 1989 findet diese nun am Weissensee statt und musste noch nie abgesagt werden.

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Spiegeleis am Weissensee

 

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Der Eismeister kontrolliert die Eisdicke

 

Großevent am Weissensee

Wenn bei der „Alternative Holländische 11-Städte Tour“ im Jänner bis zu 6.000 vor allem niederländische Eisläufer für Volksfeststimmung am sonst zu ruhigen Weissensee sorgen, ist die Arbeit von Norbert Jank und seinem Team unverzichtbar. Hier muss alles für die Profisportler passen. „Die holländischen Profis trainieren auf 400-Meter-Bahnen“, erklärt Norbert Jank. „Am See müssen sie exakt die gleichen Bedingungen vor finden wie beim Training. Der Radius der Kehren muss genau übereinstimmen.“ Auch die Tragfähigkeit des Eises wird genauestens berechnet und an wichtigen Punkten durch Hilfsmittel verstärkt: „Im Zielbereich sammeln sich bei der letzten Runde tausende Menschen um das Finale mitzuerleben“, erzählt Norbert Jank. „Um bei solchen punktuellen Belastungen Sicherheit am Eis garantieren zu können, braucht es unsere Erfahrung und unsere Vorarbeiten.“

Servus Alpenpokal

Kaum sind die Niederländer abgereist, steht auch schon das nächste Event am Weissensee auf dem Programm: Am 14. Februar heißt es „Eis frei“ für das Finale des größten Eisstock-Turniers Europas, den „Servus Alpenpokal“. Auch hier wird Norbert Jank gebraucht: es gilt eine 650 Meter lange Weitschussbahn vorzubereiten, auf der aktuelle Weltrekord von 566,53 Metern gebrochen werden soll, ebenso besteht Bedarf an drei Eisbahnen für die Qualifikationsbewerbe, zehn Übungsbahnen und einen Hockeyplatz. Eine 30 Meter lange Bühne, die mit Publikum rund 36 Tonnen wiegen wird, wird am See für den Großevent aufgebaut – der Eismeister ist bereits mit dem Versenken von Auftriebskörpern beschäftigt, um der Bühnen einen Gegendruck
von unten zu bieten. Es gibt also keine Verschnaufpause für Norbert Jank und sein Team.

Dem Eismeister über die Schulter schauen

Die Arbeit von Norbert Jank und seinem Team fasziniert über die Landesgrenzen hinaus. Seine Expertise ist international gefragt, bereitwillig gibt er Auskunft über seinen Beruf, den man nirgendwo anders erlernen kann. Da das Interesse am Eismeister jedes Jahr wächst, können Jung und Alt seit dieser Wintersaison immer mittwochs um 14 Uhr dem Meister über die Schulter schauen. Dabei erzählt er von seiner Arbeit, den Herausforderungen am Eis und beantwortet Fragen aller Art.

 

 

 

 

 

 


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